Antriebsseitiger Umbau der Trockenpartie in Konya

Auf der PM 2 produziert Konya Kagit Sanayi ve Ticaret A.Ş., Türkei (Konya) Druckpapier mit einer Grammatur von 50-220 g/m².

Im November 2020 fand ein Umbau des Antriebs der Trockenpartie statt. Einer der Gründe war eine geplante Erhöhung der Maschinengeschwindigkeit von 630 auf 850 m/min. Außerdem gab es immer wiederkehrende Probleme mit dem alten Antrieb und einen hohen Wartungsaufwand. Der Umbau der Trockenpartie ist der erste Schritt einer Modernisierung der PM 2.

 

Situation vor dem Umbau

Vor dem Umbau wurden die Vortrockengruppen der PM 2 über ein geschlossenen Räderkasten angetrieben. (siehe Abb. 1) Jede einzelne Trockengruppe wurde von einem Gleichstrommotor angetrieben. Die Leistung des Motors wurde über eine Welle in den geschlossenen Räderkasten übertragen, wo sie dann über eine große Anzahl von Zwischenrädern auf die Antriebsräder der Trockenzylinder übertragen wurde. Bei dieser Antriebsart befanden sich alle Zahnräder innerhalb des geschlossenen Räderkastens in einem formschlüssigen Verbund. Dies führt zu einer Reihe von Nachteilen.

Zum einen können innerhalb des Systems erhebliche Spannungen auftreten. Diese treten u. a. auf, wenn sich die Zahnräder durch Wärmeeinwirkung unterschiedlich stark ausdehnen. Zum anderen kann die Umfangsgeschwindigkeit der einzelnen Zylinder aufgrund unterschiedlicher Zylinderdurchmesser nicht beeinflusst werden, was zu Spannungen in der Papierbahn führt.

Im Fall Konya sind die Trockengruppen mit einem Ober- und Unterfilz ausgestattet. Die unterschiedliche Wärmeausdehnung hatte auch Einfluss auf das Gehäuse des geschlossenen Räderkastens selbst. Die Folge waren wiederholte Ölleckagen am Gehäuse des Räderkastens.

Darüber hinaus waren die Wartungskosten sehr hoch. Der Austausch von defekten Zwischenrädern war extrem zeitaufwendig und der Bestand an Ersatzteilen für verschiedene Zahnräder war hoch.

Nicht zuletzt hat dieses Antriebssystem einen schlechten Wirkungsgrad aufgrund einer großen Anzahl von Zahnradeingriffen innerhalb des Räderkastens sowie der anzutreibenden Gesamtmasse aller mechanischen Antriebskomponenten (Antriebszahnräder, Zwischenräder).

In der Nachtrockengruppe der PM 2 wurden sogenannte TEK-Getriebe eingesetzt. Diese Aufsteckgetriebe zeichnen sich wie der Räderkasten durch einen zentralen Gleichstrommotor aus, der die Leistung über eine Welle in die Gruppe einspeist. Anders als bei dem massiven Räderkasten der Vortrockengruppe wird die Leistung der TEK-Getriebe über viele Zwischengetriebe und Aufsteckgetriebe auf den Zylinderzapfen auf die Zylinder übertragen. Auch dieses System hat Nachteile, wie z. B. Spannungen im System durch die formschlüssige Verbindung, den erhöhten Ersatzteilbedarf und einen schlechten Wirkungsgrad durch die große Anzahl von Zwischengetrieben und Aufsteckgetrieben.

 

Das neue Antriebssystem

Konya beauftragte den deutschen Maschinenbauer AS Drives & Services GmbH (AS Drives) mit dem Umbau der Antriebsseite.

In einem ersten Schritt entwickelte AS Drives im Rahmen des Engineerings ein neues Antriebskonzept. Als Antriebslösung schlug AS Drives das selbstentwickelte Getriebesystem FlexoGear® vor. Dieser Antriebstyp besteht aus einem Aufsteckgetriebe, das auf den Zapfen eines Trockenzylinders gesteckt wird. Zwei dieser Getriebe reichen aus, um eine ganze Trockengruppe mit maximal acht Zylindern anzutreiben. Im Fall von Konya treibt jedes Getriebe den letzten Zylinder des Ober- oder Unterfilzes an. Die restlichen freien Zylinder der Trockengruppe werden dann vom jeweiligen Ober- oder Unterfilz mitgeschleppt. Das eliminiert Spannungen, weil es keine formschlüssige Verbindung mehr gibt.

Zwei FlexoGear® können zu einer Duo-Einheit gekoppelt werden. (siehe Titel) Bei dieser Einheit können beide FlexoGear® über eine Welle gekoppelt werden, so dass ein Motor zwei FlexoGear® gleichzeitig antreiben kann. Auftretende Drehmomente werden durch den Einsatz einer patentierten speziellen Drehmomentstütze aufgefangen. Diese Drehmomentstütze ist so konzipiert, dass sie durch einen dreidimensionalen Bewegungsausgleich Spannungen innerhalb des Systems verhindert. Sie wird ebenfalls direkt zwischen zwei Getrieben montiert. Die FlexoGear® -Getriebe stützen sich gegenseitig ab. In der Duo-Verbindung ist es daher nicht notwendig, die Drehmomentstütze mit der Maschinenstuhlung zu verbinden.

Für die Vortrockenpartie wurden drei dieser Duo-Einheiten geplant.

Ein weiteres FlexoGear® -Getriebe wurde in einer Einzelausführung mit einer speziellen Drehmomentstütze ausgeführt. (siehe Abb. 3)

Auf den Cromiumzylindern nach der Leimpresse werden dann zwei weitere FlexoGear® in Einzelausführung eingesetzt. Die beiden einzeln angetriebenen FlexoGear® auf den Kühlzylindern werden mit nur einer Drehmomentstütze gekoppelt. (Siehe Abb. 4)

Ein weiteres Duo-System wird auch für die Nachtrockengruppe eingesetzt.

Während des Engineerings untersuchte AS Drives, wie der alte Antrieb außer Betrieb genommen und ein neuer Antrieb installiert werden kann. Für den Anschluss an den Zylinderzapfen konstruierte AS Drives eine Zapfenverlängerung und einen Adapter. Für die Stilllegung des alten Antriebs mussten die Zwischenräder innerhalb des geschlossenen Getriebes entfernt werden. Das Gehäuse des Räderkastens selbst blieb als tragendes Element des Maschinenrahmens erhalten.

AS Drives überprüfte auch den Umschlingungswinkel des Filzes um die Antriebszylinder, um zu sehen, ob er für das Mitschleppen der freien Zylinder ausreichend war.

 

Das Schmiersystem

Um die FlexoGear® -Getriebe und die Vorgetriebe mit dem notwendigen Schmieröl zu versorgen, lieferte AS Drives ein Lubriflex® -Schmiersystem. Dieses System bereitet das Altöl, welches aus den Getrieben zurückfließt, so auf, dass es entgast, gefiltert und temperiert wird. Die Lubriflex® erhält außerdem ein optimiertes Entgasungsdesign im Inneren des Tanks. Dadurch benötigt der Lubriflex® nur die halbe Tankgröße im Vergleich zu herkömmlichen Schmiersystemen. Bei der Größe der hier installierten Schmieranlage ist das eine Einsparung von 1500 Litern Öl.

Für die Zuteilung des Öls von der Schmieranlage zum Getriebe lieferte AS Drives die intelligenten Durchflussregler FlexoFlow®. Diese teilen das Öl während des Betriebs vollautomatisch zu. Unabhängig von Druck, Temperatur und Viskosität des Öls wird ein einmal vorgegebener Sollwert kontinuierlich eingestellt und überwacht.

 

Umfang von Konya

Konya übernahm den Umbau des gesamten Antriebs selbst. Während des Umbaus richtete Konya auch alle Zylinder aus. Wenn die Geschwindigkeit der alten Maschine erhöht werden soll, ist die Ausrichtung der Trockenzylinder ein sehr wichtiger Parameter für den guten Zustand der Papiermaschine.

In diesem Schritt ersetzte Konya auch die alten DC-Motoren durch neue AC-Asynchronmotoren. Der Ausbau der Zwischenräder des Räderkastens sowie die Demontage der TEK-Getriebe wurde ebenfalls von Konya durchgeführt. Außerdem übernahm Konya die Installation aller Rohrleitungen für die Versorgung der neuen FlexoGear®-Getriebe und -Vorgetriebe mit dem notwendigen Schmieröl. Für die Installation des neuen Antriebs lieferte AS Drives die FlexoGear®-Getriebe, die Vorgetriebe, Kupplungen, Zapfenverlängerungen, Adapter sowie alle Zeichnungen, die für die Stahlkonstruktionen (Konsole etc.) notwendig waren. Die Umbauphase vor Ort wurde von 2 Supervisoren von AS Drives begleitet.

 

Situation nach dem Umbau

Kommentar von Mesut Esgilli (Maintenance Superintendent)

Wir sind sehr zufrieden mit der neuen Antriebstechnik. Der Wartungsaufwand hat sich drastisch reduziert. Wir stellen auch einen enormen Rückgang von Bahnabrissen fest, da die Spannungen im System deutlich reduziert wurden. Zudem sind die Leckage am Räderkasten beseitigt.

Auch mit der neuen Schmiertechnik sind wir sehr zufrieden. Alle Parameter, wie z. B. Ölfluss oder Öltemperatur, können von der Leitwarte aus überwacht und sogar gesteuert werden. Die Ölverteilung zu den einzelnen Schmierstellen wird nun sehr präzise und vollautomatisch gesteuert.

Nach dem Umbau der Trockengruppen und der Kühlzylinder haben wir einen großen Teil unseres Projektziels, die Geschwindigkeit zu erhöhen, erreicht. Wir müssen nun in den nächsten Schritten weitere Abschnitte umbauen, um die Leistungssteigerung des gesamten Antriebs vorantreiben zu können.